Uni googelt Bewerber – 1.000 € Schadensersatz
- jenshecht0
- 24. Nov.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 9 Stunden

Die Universität Düsseldorf muss einem Bewerber 1.000 Euro immateriellen Schadensersatz zahlen, weil sie Informationen aus einer Internetrecherche über ihn nutzte, ohne ihn darüber zu informieren. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden. Der Fall zeigt, dass bereits alltägliche Handlungsschritte im Recruiting – wie das Googeln eines Bewerbers – datenschutzrechtliche Pflichten auslösen können.
Recherche vor dem Gespräch – ohne Information an den Bewerber
Der Bewerber, ein Münchner Rechtsanwalt, hatte sich auf eine Stelle im Justiziariat der Hochschule beworben und wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Kurz vor dem Termin suchte der Personalverantwortliche den Namen des Bewerbers im Internet und stieß auf mehrere Medienberichte, Fotos, Wikipedia-Einträge und Informationen über ein noch nicht rechtskräftig abgeschlossenes Strafverfahren.
Obwohl diese Informationen im Gespräch teilweise indirekt thematisiert wurden, wurde der Bewerber nicht darüber informiert, dass die Universität gezielt eine Internetrecherche durchgeführt und welche Erkenntnisse sie dabei gewonnen hatte. Die Stelle erhielt später eine Mitbewerberin.
DSGVO: Verarbeitung personenbezogener Daten ohne Transparenz
Der Bewerber sah darin einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) – insbesondere gegen die Pflicht, Betroffene über die Verarbeitung ihrer Daten zu informieren.
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf gab ihm 2024 Recht und sprach ihm 1.000 Euro immateriellen Schadensersatz zu. Das BAG bestätigte diese Entscheidung nun (Urteil vom 05.06.2025 – 8 AZR 117/24).
Warum 1.000 Euro?
Der immaterielle Schaden bestand darin, dass der Bewerber nicht wusste:
dass eine Recherche stattgefunden hatte,
welche Daten über ihn gesammelt wurden,
wie diese Erkenntnisse in den Auswahlprozess einflossen.
Der Schaden lag damit nicht im Ergebnis des Auswahlverfahrens, sondern im mangelnden Informationsfluss. Das BAG schloss sich der Linie des EuGH an: Bereits der Verlust der Kontrolle über persönliche Daten kann einen ersatzfähigen immateriellen Schaden darstellen – selbst wenn die Informationen öffentlich zugänglich waren.
Warum die Bewerbung trotzdem scheiterte
Unabhängig vom Datenschutz sahen die Gerichte keine Fehler bei der eigentlichen Auswahlentscheidung. Die eingestellte Mitbewerberin war besser bewertet worden, und die Universität durfte die strafrechtlichen Vorwürfe berücksichtigen, da zum Zeitpunkt der Bewerbung eine Verurteilung in erster Instanz vorlag.
Andere Ansprüche des Bewerbers – u.a. nach AGG, aus Art. 33 Abs. 2 GG und auf materiellen Schadensersatz – blieben erfolglos.
Argumente der Parteien im Verfahren
Der Bewerber kritisierte u.a.:
Die Universität habe „vollendete Tatsachen“ geschaffen.
Wesentliche Schritte des Auswahlverfahrens seien nicht dokumentiert worden.
Eine Internetrecherche ohne Hinweis öffne Missbrauchsmöglichkeiten.
Die zugesprochene Entschädigung sei zu gering und nicht abschreckend.
Die Universität entgegnete:
Die Informationen seien öffentlich einsehbar gewesen.
Nur der Personalverantwortliche habe davon gewusst – nicht die übrigen Gesprächsteilnehmer.
Die Entscheidung gegen den Bewerber lag nicht allein am Strafvorwurf, sondern auch an fachlichen und persönlichen Kriterien.
Man erkenne an, dass ein Hinweis auf die Datenerhebung notwendig gewesen wäre.
Was bleibt?
Der BAG-Senat bestätigte lediglich den Schadensersatz in Höhe von 1.000 Euro. Weitere Fragen zum Umgang mit Internetrecherchen im Bewerbungsverfahren könnten in einem späteren sogenannten obiter dictum erläutert werden – sicher ist das jedoch nicht.
Der Fall zeigt: Schon eine Recherche per Suchmaschine kann zur datenschutzrechtlich relevanten Verarbeitung werden. Wenn solche Informationen in ein Bewerbungsverfahren einfließen, ist Transparenz gegenüber dem Bewerber zwingend erforderlich.
BAG, Urteil vom 05.06.2025 – 8 AZR 117/24


